Der Untertan
schnell und schonend über sie hingeführt hatte. Diederich füllte gehorsam den Meldezettel aus; erst als der Oberkellner fort war, ?u?erte er seine Entrüstung über den Betrieb hier und über Z
lt und schnauften unter den Blicken der G?ste, Diederich im Smoking, Guste aber mit einem Hut, der B?nder, Federn und Schnalle, alles a
Tage gingen sie umher mit Blei in den Lidern, verschlangen [pg 388]riesige Mahlzeiten und fragten sich nur, was erst geschehen w?re, wenn die Odaliske nicht in der Mitte zerschnitten, sondern ganz gewesen w?re. Aus Müdigkeit vers?umten sie den Zug und kehrten am Abend, so früh wie m?glich, in ihr billiges und aufreibendes Zimmer zurück. Ein Ende dieser Art zu leben war nicht absehbar; da las Diederich mit seinen schweren Lidern in der Zeitung, da? der Kaiser
achten ein Wettrennen! Und da Diederich schon mehrmals im Leben hatte Gedanken ?u?ern dürfen, die auf mystische Art mit denen des Allerh?chsten Herrn zusammenzufallen schienen, vielleicht wu?te Seine Majest?t zu dieser Stunde um Diederich: wu?te, da? sein treuer Untertan
übriggebliebenen beizubringen, welches Ereignis sie in Rom erwarte. Zwei Amerikaner zeigten sich empf?nglicher, worauf Diederich triumphiere
n entzündet. ?Diedel!" rief sie. ?Ich bin imstande und werf' ihm meinen Reiseschleier auf den Weg, damit da? er darüber geht, und die Rosen von meinem Hut schmei?' ich auch hin!" – ?Wenn er dich aber sieht und du machst ihm Eindruck?" fragte Diederich und l?ch
uflos. Schon war er inmitten des Platzes; zwei Soldaten mit Federhüten jagten ihm nach, da? ihre bunten Fracksch??e flogen. Da schritten die Bahnhofsrampe mehrere Herren herab, und [pg 390]alsbald fuhr ein Wagen auf Diederich zu. Diederich schwenkte den Hut, er brüllte auf, da? die Herren im Wagen ihr Gespr?ch unterbrachen. Der rechts neigte sich vor – und sie sahen einander an, Diederich und sein Kaiser. Der Ka
ie Hochrufe schwollen schon ab in der Ferne, und Diederich, d
lnahme so weit, da? er einen Kutscher herbeirief. Wie er abfuhr, grü?te Diederich die Menge. ?Sie sind wie die Kinder", erkl?rte er seiner Gattin. ?Na, aber auch entsprechend schlapp", setzte er hinzu, und er gestand: ?In Berlin w?re
r Portier verfiel von selbst darauf, da? Diederich, um den Kaiser zu begleiten, einen Wagen brauchen werde, und er schickte danach. Inzwischen hatte ein H?uflein Neugieriger sich gebildet, und dann trat der Portier beiseite; hinter einem Vorreiter, im offenen Wagen, erschien, unter dem Blitzen seines Adlerhelms, der blonde Herr des Nordens. Diederichs Hut flog schon, Diederich schrie, wie aus der Pistole geschossen, auf italienisch: ?Es lebe der [pg 392]Kaiser!" Und gef?llig schrie das H?uflein mit ... Diederich aber, ein Sprung in den Einsp?nner, der bereitstand, und los, hinterdrein, den Kutscher angefeuert mit rauhem Schrei und geschwungenem Trinkgeld. Und sieh: schon hielt er, dahinten nahte erst der Allerh?chste Wagen. Als der Kaiser ausstieg, war wieder ein H?uflein da, und wiederum schrie Diederich auf italienisch ... Wache gehalten vor dem Haus, worin sein Kaiser weilte! Die Brust heraus und angeblitzt, wer sich in die N?he traute! Nach zehn Minuten war das H?uflein neu vervollst?ndigt, der Wagen entrollte dem Tor, und Diederich: ?Es lebe der Kaiser!" – und, im Echo des H?ufleins, wildbrausend zurück zum Quirinal. Wache. Der Kaiser im Tschako. Das H?uflein. Ein neues Ziel, eine neue Rückkehr, eine neue Uniform, und wieder Diederich, und wieder jubelnder Empfang. So ging es weiter, und nie hatte Diederich ein sch?neres Leben gekannt. Sein Freund, der Portier, unterrichtete ihn zuverl?ssig, wohin man fuhr. Auch kam es vor, da? ein salutiere
ne Tomate, v?llig aufgeweicht, und sein Blick war hell und wild wie der eines germanischen Kriegers der Vorzeit auf einem Eroberungszuge durch Welschland. ?Dies ist ein gro?er Tag für die nationale Sache!" versetzte er mit Wuc
, da? nicht einmal die bewaffnete Macht an sie herankam. Pl?tzlich sah man Diederichs Gegner, dem es gelungen war, den rechten Arm zu befreien, eine Büchse schwingen. Atemlose Sekunden – dann tobte die aufheulende Panik dem Ausgang zu. Eine Bombe! Er wirft!... Er hatte schon geworfen. In der Erwartung des Knalles lagen die n?chsten, im voraus wimmernd, am Boden. Diederich aber: wei? auf Gesicht, Schultern und Brust stand er da und nieste. Es roch stark nach Pfefferminz. Die Kühnsten kehrten um und untersuchten ihn mit der Nase; ein Soldat unter wallenden Federn betupfte ihn mit dem benetzten Finger und kostete. Diederich verstand wohl, was er hierauf der Menge mitteilte und weshalb sogleich in alle Gesichter das heitere Wohlwollen zurückkehrte, denn seit einem Augenblick blieb ihm selbst kein Zweifel mehr darüber, da? er mit Zahnpulver beworfen war. Dessenungeachtet behielt er die Gefahr im Auge, der de
es Auslandes entgegen, worauf er von dem [pg 396]Stuhl herabkletterte und wieder zum Wein ging. Mehrere Landsleute, kaum weniger angeregt als er, tranken ihm zu und kamen nach in heimischer Weise. Einer entfaltete eine Abendzeitung mit einem riesigen Bild des Kaisers und las den Bericht eines Zwischenfalles vor, den im Portal des Quirinals ein Deutscher hervorgerufen hatte. Nur durch die Geistesgegenwart eines Beamten im pers?nlichen Dienst des Kaisers war Schlimmeres verhindert worden; und auch das Bildnis dieses Beamten war dabei. Diederich erkannte ihn wohl. Wenn die ?hnlichkeit auch nur allgemeiner Natur und der Name arg entstellt war, der Umfang des Gesichtes und der Schnurrbart stimmten. So sah denn Diederich den Kaiser und sich selbst auf dem gleichen Zeitungsblatt vereinigt, den Kaiser samt seinem Untertan der Welt zur Bewunderung dargeboten. Es war zu viel. Feuchten Auges richtete Diederich sich auf und stimmte die Wacht am Rhein an. Der Wein, der so billig wa
erte er, worauf man ihm sofort den Zug nannte ... Wer nicht zufrieden war, war Guste. ?Endlich ist man mal woanders, und, Gott sei Dank, hat man es und kann sich was leisten. Wie komm' ich dazu, da? ich mich soll zwei Tage im Hotel mopsen und dann gleich wieder retour, blo? wegen –." Der Blick, den sie nach der kaiserlichen Loge schleuderte, war so voll von Auflehnung, da? Diederich mit ?u?erster Strenge einschritt. Guste ward ihrerseits laut; ringsum zischte man, und als Diederich den Widersachern blitzend die Stirne bot, sah er sich von ihnen veranla?t, mit Guste aufzubrechen, noch bevor ihr Zug ging. ?Komment hat das Pack nun mal nicht", stellte er drau?en fest und schnaufte stark. ?überhaupt, was ist hier los, m?cht' ich mal wissen. S
r warf den Kopf zurück und zeigte mit dem Kinn nach der Decke, hinter der wohl sein Prinzipal hauste – ?der kann hier feilbieten, was ihm beliebt. Ich fühle mich dadurch nicht berührt. Ich habe nicht sechs Semester studiert [pg 399]und einer hochfeinen Korporation angeh?rt, damit ich mich jetzt hier hinstelle und Zahnbürsten verkaufe." – ?Wozu sind Sie denn da?" fragte Guste, merklich eingeschüchtert. Da versetzte Hornung, majest?tisch rollend: ?Ich bin für die Rezeptur da!" Und Guste fühlte wohl, sie sei zurückgeschlagen; sie wandte sich zum Gehen. Eins fiel ihr doch noch ein. ?Mit den Schw?mmen w?re es wohl dasselbe?" – ?Ganz dasselbe", best?tigte Hornung. Hierauf hatte Guste offenbar gewartet, um sich ernstlich zu entrüsten. Sie streckte den Busen vor und wollte loslegen; Diederich hatte aber noch Z
Hornung war es natürlich, und so konnte Diederich sich über die hochwichtige Aufgabe verbreiten, die ihn gen?tigt hatte, von seiner Hochzeitsreise pl?tzlich zurückzukehren. Es galt, in Netzig den nationalen Kandidaten durchzubringen! Die Schwierigkeiten durfte man sich nicht verhehlen. Netzig war eine Hochburg des Freisinns, der Umsturz rüttelte an den Grundlagen.... Hier begann Guste zu drohen, da? sie mit dem Gep?ck nach Hause fahren werde. Diederich konnte den Freund nur noch dringend einladen, ihn gleich heute abend zu besuchen, er habe dringend mit ihm zu reden. Wie er in den Wagen stieg, sah er einen der Schlingel, die drau?en gewartet hatten, die Apotheke betreten und eine Zahnbürste verlangen. Diederich bedachte, da? Gottlieb Hornung eben verm?ge seiner
rie Kühnchen wieder, die beiden anderen aber wünschten doch zu wissen, was es mit dem Denkmal sei, und Diederich weihte sie ein in seine Erfindung – wobei er lieber darüber hinwegging, da? das Denkmal [pg 402]der Gegenstand eines Paktes zwischen ihm und Napoleon Fischer sei. Das freisinnige S?uglingsheim, so viel verriet er, war nicht popul?r, eine Menge W?hler lie?en sich zu der nationalen Sache herüberziehen, wenn man ihnen aus dem Nachla? des alten Kühlemann ein Kaiser-Wilhelm-Denkmal versprach. Erstens wurden dabei mehr Handwerker besch?ftigt, und dann kam Betrieb in die Stadt, die Einweihung solch eines Denkmals zog weite Kreise, Netzig hatte Aussicht, seinen schlechten Ruf als demokratischer Sumpf zu verlieren und in die Gnadensonne zu rücken. Dabei dachte Diederich an seinen Pakt mit Wulckow, über den er auch lieber hinging. ?Dem Manne aber, der so unendlich viel für uns alle erreicht und errungen hat" – er zeigte schwungvoll auf Kunze – ?dem Manne wird unsere liebe alte Stadt ganz sicher auch dereinst ein Denkmal setzen. Er und Kaiser Wilhelm der Gro?e werden einander anblicken –" ?Und die Zunge zeigen", schlo? der Major, der bei seinem Unglauben verharrte. ?Wenn Sie meinen, die Netziger warten nur auf den gro?en Mann, der sie mit kl
chblicken lie?, war der nationale Kandidat endlich rückhaltlos gewonnen.... Inzwischen aber hatte Pastor Zillich es sich überlegt, ob seine Stellung in der Stadt es ihm erlaube, den Vorsitz des nationalen Wahlkomitees zu übernehmen. Sollte er die Zwietracht in seine Gemeinde tragen? Sein leiblicher Schwager Heuteufel war der Kandidat der Liberalen! Freilich, wenn man statt [pg 404]des Denkmals eine Kirche gebaut h?tte! ?Denn wahrlich, Gottesh?user tun mehr denn je not, und meine liebe Kirche von Sankt Marien wird von der Stadt so sehr vernachl?ssigt, da? sie heute oder morgen mir und meinen Christen auf den Kopf fallen kann." Ohne S?umen verbürgte Diederich sich für alle gewünschten Reparaturen. Zur Bedingung machte er nur, da? der Pastor von den Vertrauensstellungen der neuen Partei alle diejenigen Elemente fernhalte, die schon
nnte man sich mit gutem Gewissen der Begeisterung hingeben, die, wie Pastor Zillich erkl?rte, von Go
seine Feinde zerschmettern! Einziges Programm: Der Kaiser! Die für mich und die wider mich: Umsturz und Partei des Kaisers!" Kühnchen, Zillich und Kunze bekr?ftigten alles mit Geschrei; und da einige Arbeiter, die in die Fabrik gingen, erstaunt stehenblieben, drehte Diederich sich um und erl?uterte ihnen das nationale Manifest. ?Leute!" rief er. ?Ihr wi?t gar nicht, was ihr für ein Schwein habt, da? ihr Deutsche seid. Denn um unseren Kaiser beneidet uns die ganze Welt, habe mich soeben im Ausland pers?nlich davon überzeugt." Hier schlug Kühnchen mit der Faust auf dem Anschlagbrett ein
hlagen, und wenn mein Kaiser ans Schwert schl?gt, dann gibt es keine ehelichen Pflichten mehr. Verstanden?" Worauf Guste sich schroff herumwarf und das mit ihren hinteren Reizen ausgefüllte Federbett wie einen Turm zwischen sich und den Ungef?lligen stellte. Diederich unterdrückte das Bedauern, das ihn beschleichen wollte, und schrieb unges?umt einen Warnruf gegen das freisinnige S?uglingsheim. Die ?Netziger Zeitung" brachte ihn auch, obwohl sie vor zwei Tagen aus der Feder des Herrn Doktors Heuteufel eine überaus warme Empfehlung des S?uglingsheims gebracht hatte. Denn, wie der Redakteur Nothgroschen hinzusetzte, das Organ des gebildeten Bürgertums war es seinen Abonnenten schuldig, an jede neu auftauchende Idee vor allem den Prüfstein seines Kulturgewissens zu legen. Und dies tat Dieder
chts sagen lassen, er war gereizt, es hatte ihn zu gro?e Mühe gekostet, die Leute zusammenzutreiben. [pg 408]So viele Lieferanten wie das Kaiser-Wilhelm-Denkmal dank seiner Agitation nun schon hatte, konnte die Stadt nie bezahlen, und wenn der alte Kühlemann dreimal starb! Geschwollene H?nde hatte Hornung von den Begrü?ungen all der neubekehrten Patrioten! Zumutungen hatten sie an ihn gestellt! Da? er sich mit einem Drogisten assoziieren sollte, war noch das wenigste. Aber Gottlieb Hornung protestierte gegen diesen demokratischen Mangel an Distanz. Der Besitzer der L?wenapotheke hatte ihm soeben gekündigt, und er war entschlossener als je, weder Schw?mme noch Zahnbürsten zu verkaufen.... Inzwischen stammelte Kunze an seiner Kandidatenrede. Denn seine finstere Miene t?uschte Diederich nicht darüber, da? der Major dessen, was er sagen wollte, durchaus nicht sicher war und da? der Wahlkampf ihn befangener machte, als der Ernstfall es getan haben würde. Er sagte: ?Meine Herren, das Heer ist die einzige S?ule",
emokratie ist die Weltanschauung der Halbgebildeten", stellte der Apotheker fest. ?Die Wissenschaft hat sie überwunden." ?Sehr richtig!" rief jemand; es war der Drogist, der sich mit ihm assoziieren wollte. ?Herren und Knechte wird es immer geben!" bestimmte Gottlieb Hornung, ?denn in der Natur ist es auch so. Und es ist da? einzig Wahre, denn jeder mu? über sich einen haben, vor dem er Angst hat, und einen unter sich, der vor ihm Angst hat. Wohin k?men wir sonst! Wenn der erste beste sich einbil
hw?mme auch nich
ssen, wen man vor sich hat. Jedem das Seine. Und in diesem Sinne geben wir unsere Stimme nur einem Kandidaten,
beiden Gimpel, wo dies hinauswollte. Da der nationale Kandidat am Ende nur dazu da war, eine Hilfstruppe für Napoleon Fischer anzuwerben, tat man gut daran, sich nicht selbst hinauszustellen. Heuteufel freilich legte es darauf an, Diederich hervorzulocken. Der Vorsitzende, Pastor Zillich, konnte ihm das Wort nicht l?nger verweigern, sofort begann er vom S?uglingsheim. Das S?uglingsheim sei eine Sache des sozialen Gewissens und der Humanit?t. Was aber sei das Kaiser-Wilhelm-Denkmal? Eine Spekulation, und die Eitelkeit sei noch der anst?ndigste d
ue Gesinnung hoch über den Verd?chtigungen derer, die selbst blo? eine Vorfrucht des Umsturzes sind!" Noch bevor der Beifall losbrechen konnte, sagte Heuteufel sehr deutlich: ?Abwarten! Stichwahl!" Und obwohl die Lieferanten sogleich alles weitere im Get?se ihrer H?nde erstickten, fand Diederich doch schon in diesen zwei Worten so gef?hrliche Andeutungen versteckt, da? er schnell ablenkte. Das S?uglingsheim war ein weniger verf?ngliches Gebiet. Wie? Eine Sache des sozialen Gewissens sollte es sein? Ein Ausflu? des Lasters war es! ?Wir Deutschen überlassen so was den Franzosen, die ein sterbendes Volk sind!" Diederich brauchte nur seinen Artikel aus der ?Netziger Zeitung" herzusagen. [pg 412]Der vom Pastor Zillich geleitete Jünglingsverein sowie die christlich
chelte dadurch die nationale Gesinnung der Versammelten so hoch auf, da? Diederich nur noch stellenweise zu h?ren war. Man verstand, er wollte keinen ewigen Frieden, denn das war ein Traum und nicht einmal ein sch?ner. Da[pg 413]gegen wollte er eine spartanische Zucht der Rasse. Bl?dsinnige und Sittlichkeitsverbrecher waren durch einen chirurgischen Eingriff an der Fortpflanzung zu verhindern. Bei diesem Punkt verlie? Heuteufel mit den Seinen das Lokal. Von der Tür rief er noch her: ?Den Umsturz kastrieren Sie auch!" Diederich antwortete: ?Machen wir, wenn Sie noch lange n?rgeln!" ?Machen wir!" t?nte es zurück von allen Seiten. Alle waren pl?tzlich auf den Fü?en, prosteten, jauchzten und vermisch
r überall zugleich redete. Nur Diederich in seinem neu altdeutsch m?blierten Salon gurgelte stumm. Von der Estrade beim Fenster sahen drei Bronzefiguren in zweidrittel Lebensgr??e ihm zu: der Kaiser, die Kaiserin und der Trompeter von S?ckingen. [pg 414]Si
an, da? hier eigentlich alles mit ihrem Geld bezahlt war. Frau He?ling verfehlte nicht, die Heirat mit ihrem Diedel als eine wahre Gnade hinzustellen für Guste, in ihrer damaligen Lage. Zum Schlu? war Guste ro
für würdig be[pg 415]funden, es war nachgerade auffallend.... Ihre gesellschaftlichen Erfolge behüteten Emmi freilich nicht vor Tagen gro?er Niedergeschlagenheit; dann verlie? sie ihr Zimmer nicht einmal zu den Mahlzeiten, die gemeinsam waren. Einmal ging Guste, aus Mitgefühl und Langeweile, hinauf zu ihr, Emmi schlo? aber, wie sie sie sah, die Augen, sie lag in ihrer hinflie?enden Matinee bleich und starr da. Guste, die keine Antwort bekam, versuchte es ihrerseits mit Vertraulichkeiten über Diederich und über ihren Zustand. Da zog Emmis starres Gesicht sich j?h zusammen, sie w?lzte sich auf einen ihrer Arme, und mit dem anderen winkte sie heftig nach der Tür. Guste blieb den Ausdruck ihrer Emp?rung nicht schuldig; Emmi, j?h aufgesprungen, gab ihrem Wunsch, alleinzubleiben, die
ah sie Diederich merkwürdig in die Augen und fragte: ?Glaubst du wirklich?" Er erschrak, machte aber ein fragendes Gesicht. ?Ich meine," erkl?rte Guste, ?dann k?nnte mich der Herr Leutnant wenigstens auf der Stra?e grü?en. Aber heute hat er einen Bogen gemacht." Diederich bezeichnete dies als Unsinn. Guste erwiderte: ?Wenn ich es mir blo? einbilde, dann bilde ich mir noch mehr ein, weil ich n?mlich in der Nacht schon ?fter was durchs Haus schleichen geh?rt habe, und heute sagte auch Minna –." Weiter
tark werde und da? sie neuerdings [pg 417]zu viel gegen die Sozialdemokratie hetze. Unter diesen Umst?nden –. Um ihn zu beruhigen, hatte Diederich ihm versprechen müssen, gleich heute werde er die übernommenen Verpflichtungen erfüllen und von den Stadtverordneten das sozialdemokratische Gewerkschaftshaus verlangen.... So begab er sich, durchaus noch nicht hergestellt, in die Versammlung – und hier mu?te er erleben,
Der Maschinenmeister grinste verd?chti
s. Gehen Sie mit dem Freisinn zusammen, dann verlassen Sie sich dar
raulich n?her, fast h?tte er Diederich auf die Schulter geklopft. ?Herr Doktor," sagte er wohlwollend, ?tun Sie doch nur nicht so. Wir beide: – na ja, ich sage b
ere auf! Hab' ich recht, Herr Doktor? Aber wir sind doch keine alten Seichtbeu
icht? Der Herr Buck erz?hlt doch überall, da? Sie den nationalen Rummel nicht so schlimm meinen. Sie m?chten blo? Gausenfeld
agte Diederich, z
er tut Ihnen den Gefallen und spricht für Sie mit Klüsi
Merken Sie sich, was jetzt kommt. Den alten Buck werden Sie noch im Rinnstei
es Innere b?umte sich auf, in der Unbestechlichkeit seiner kaisertreuen Gesinnung. ?Und woher wei? er es?" dachte er mit zornigem Entsetzen. ?Hat Wulckow mich verkauft? Sie glauben wohl alle schon, ich treibe doppeltes Spiel?" Denn Kunze und die anderen waren ihm heute merklich abgekühlt erschienen; sie hielten es scheinbar nicht meh
on Fischer w?hlen würden. Diederich bemitleidete dieses wenig staatsm?nnische Vorgehen, er wu?te sich Jadassohn hoch überlegen. Andererseits war es nicht zu verkennen, da? Jadassohn, je weiter er sich durch seinen Erfolg hinrei?en lie?, desto lautere Zustimmung bei gewissen Zuh?rern fand, di
sen [pg 420]lie?. Die heuchlerische Milde, mit der er getan hatte, als verzeihe er Diederich den Ruin seines Schwiegersohnes! Wozu hatte er ihn protegiert und in die Stadtverordnetenversammlung gebracht? Nur damit Diederich sich Bl??en gebe und leichter zu fassen sei. Die Frage des Alten damals, ob Diederich der Stadt sein Grundstück verkaufen wolle, stellte sich jetzt als die gef?hrlichste Falle heraus. Diederich fühlte sich durchschaut von jeher; ihm war jetzt, als sei bei seiner geheimen Unterredung mit dem Pr?sidenten von Wulckow der alte Buck, unsichtbar im Tabaksqualm, dabei gewesen; und
h vorbeikam, umfa?te Gustes sp?ttischer Blick sie beide, und Diederich erschrak noch tiefer: denn dies war das L?cheln des Umsturzes, das er an Napoleon Fischer kannte. So l?chelte Guste. Vor Schrecken runzelte er die Stirn und rief [pg 421]barsch: ?Was gibt es!" Schleunigst verkroch sich Guste in ihre Flickerei, Emmi aber blieb stehen und sah ihn mit den entgeisterten Augen
die beiden Fr?ulein von Bri
nd. Und überhaupt, sie sind schon gestern mit ihrer Mama abgereist. Wenn sie einem nicht a
macht
te das Ganze los. ?Der Leutnant reist auch bald hinterher. Er ist d
einen Ruck. Durch den Spalt erblickte er Emmi, die im E?zimmer auf einem Stuhl sa? oder hing, zusammengekrümmt, als habe man sie gebunden und dort hingeworfen. Sie zuckte, dann kehrte sie das Gesicht der Lampe zu; vorhin war es ganz wei? ge[pg 422]wesen und war jetzt stark ger?tet, der Blick sah nichts – und pl?tzlich sprang sie auf, fuhr los
inem eigenen L?rm h?rte er nicht, wie sie ?ffnete, und schrie noch, als sie schon vor ihm stand. ?Was willst du?" fragte sie zornig, worauf Diederich sich sammelte. Von der Treppe sp?hten mit fragendem Entsetzen Frau He?ling und Guste hinauf. ?Unten bleiben!" befahl er, und er dr?ngte Emmi in das Zimmer zurück. Er schlo? die Tür. ?Das brauchen die anderen nicht zu riechen", sagte er knapp, und er nahm aus der Waschschüssel einen kleinen Schwa
?Was führst du hier eigentlich auf? La
artet. ?Ja, was –
e achselzuckend: ?Dir
ch nicht mehr genierst, was ich pers?nlich durchaus mi?billige: ein bi?chen Rücksi
ch. ?Einen Skandal in meinem Hause verbitte
h sie ihn an
die er nie so ausdrucksvoll gekannt hatte, klagte und h?hnte zugleich. In
ine Pflicht tun. Ich darf erwarten, da? du dir inzwischen die ?u?erste Zurückhaltung
Ehre
sagte Emmi. Da keh
nn doch nicht bewu?t zu sein. Du hast, w
wahr", s
gesellschaftliche, in Frage gestellt, sondern eine ganze Familie mit Schande
auch noch so"
ihrer Verzweiflung kam Diederich ein Schaudern an. In ihm zersprang es wie künstliche Federn. Die Beine wurden ihm weich, er setzte sich und brachte hervor: ?So sag' mir doch nur –. Ich will dir auc
l?rungen geben: ich meine, über gewisse Einzelheiten. Ich
ihr Blick hing an ihm mit Staunen. Er begriff, da? sie staunte, weil er vieles, das sie allein getragen hatte, ihr abnahm, indem er es aus
eise und angs
das nicht.
emut. ?Ganz wehrlos sind wir au
b er ihr die Hand. Sie r
e ri? die Augen auf und hi
ich, denn hieran hatte
da? du ihn n
hn oder für den anderen. Dem anderen würde er es nicht geg?nnt haben. Aber er unterdrückte die Frag
n! Zweifel am Ausgang der Sache überhaupt nicht zulassen! Aber anstatt seiner eigenen, schneidigen Gestalt erschien vor Diederichs Geist immer wieder ein gedrungener Mann mit blanken bekümmerten Augen, der bat, aufbraus
rt genug dafür. Ich werf' sie hinaus, wie es sich geh?rt!" Da stand vor ihm auf regnerischer Stra?e Agnes und starrte, das Gesicht wei? von Gaslicht, zu seinem Fenst
tmete die gute Luft ein, ?vielleicht ist es gar nicht schwer. Es gibt anst?ndige Menschen. Auch liegen die Dinge doch wesentlich günstiger als –" Er lie? den Gedanken lieber fallen. Dort hinten hielt ein Wagen – vor welchem Haus denn? Also doch. Das Gitter stand offen, auch die Tür. Der Bursche kam ih
inge im reinen war, stellte Herr von Brietzen sich dem Bruder sofort zur Verfügung, was von ihm gewi? nicht anders zu erwarten war. Aber Diederich, trotz seinem tiefen Bangen, erwiderte mit heiterer Stirn, er hoffe, eine Austragung mit den Waffen er[pg 427]übrige sich, wenn n?mlich Herr von Brietzen –. Und Herr von Brietzen machte eben das Gesicht, das Diederich vorhergesehen hatte, und brauchte eben die Ausreden, die in Diederichs Geist schon erklungen
r Leutnant, sehe ich mich leider veranla?t, Ihr
a? ich eine Moralpredigt kriege? Na sch?n. Im übrigen aber –" Herr von Brietzen festigte sich wieder, ?was R
ern-B?renheim zu fordern! ?Ich hab' ihn glatt gefordert!" Und im selben Atem behauptete er, da? er so einem frechen Junker noch lange nicht das Recht einr?ume, einen bürgerlichen Mann und Familienvater nur so abzuschie?en. ?Die Schwester [pg 428]verführen und den Bruder abschie?en, das m?chten Sie wohl!" rief er, au?er sich. Herr von Brietzen, in
e Z?hne zeigen, war ohne Einflu? auf die Macht, die Macht über uns, die ganz unerschütterlich ist. Mit dem Umsturz war leicht drohen; aber das Kaiser-Wilhelm-Denkmal? Wulckow und Gausenfeld? Wer treten wollte, mu?te sich treten lassen, das war das eherne Gesetz der Macht. Diederich, nach seinem Anfall von Auflehnung, fühlte schon wieder den
n würde." Er nickte hinauf, so ermunternd wie m?glich. Sie war viel schmaler geworden, warum sah das niemand? Unter ihrem bla? flimmernden Haar hatte sie gro?e schlaflose Augen, ihre Lippe zitterte, als er ihr zuwinkte; auch das fing er auf in seiner scharfsichtigen Angst. Die Treppe hinauf schlich er fast. Im ersten Stock kam sie aus dem Zimmer und ging vor ihm her in den zwe
inem Schutz lebte, fing er an, sie interessant zu finden und ihr eine ungew?hnliche Achtung zu erweisen. Nach dem Essen kü?te er ihr die Hand, mochte Guste grinsen. Er verglich die beiden; wieviel gemeiner war Guste! Magda selbst, die er bevorzugt hatte, weil sie Erfolg gehabt hatte, kam in seiner Erinnerung nicht mehr auf gegen die verlassene Emmi. Denn Emmi war durch ihr Unglück feiner und gewisserma?en ungreifbarer
trebte: Gustes und ihres Geldes, des Denkmals, der hohen Gunst, Gausenfelds, der Auszeichnungen und ?mter. Er sah Emmi an und dachte auch an Agnes. Agnes, die Weichheit und Liebe in ihm gepflegt hatte, sie war in seinem Leben das Wahre gewesen, er h?tte es festhalten sollen! Wo war sie jetzt? Tot? Er sa? manchmal da, den Kopf in den H?nden. Was hatte er nun? Was hatte man vom Di
feindlicher ward. Am Sonntag der Wahl, frühmorgens, als Diederich noch im Bett lag, trat Napoleon Fischer bei ihm ein. Ohne sich im geringsten zu entschuldigen, begann er: ?Ein ernstes Wort in letzter Stunde, Herr Doktor!" Diesmal war er
behauptete
Ihr Denkmal schon bewilligt. Wenn Sie nicht gleich heute mit fliegenden Fahnen zu ihm
en langen Schritt auf das Bett zu. ?Sie sollen blo?
ausgeliefert. Er suchte ihn zu bes?nftigen. ?Ich wei?, Fischer, S
Einen von den Betrieben kennen Sie ziemlich genau, Herr Doktor." Er machte kehrt. Von der Tür her fa?te er Diederich, der vor Schr
hlie?lich siege, das nationale Gewissen gest?rkt. Da Professor Kühnchen sich ?hnlich ?u?erte, war der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, da? ihnen die von Diederich und Wulckow erpre?ten Versprechungen noch nicht genügten, und da? sie sich durch weitere pers?nliche Vorteile vom alten Buck hatten gewinnen lassen. Der Korruption des demokratischen Klüngels war alles zuzutrauen! Was Kunze betraf, so wollte er auf jeden Fall selbst gew?hlt werden, notfalls mit Hilfe der Freisinnigen. Ihn hatte sein Ehrgeiz korrumpiert, er hatte ihn schon dahin gebracht, zu versprechen, da? er für das S?uglingsheim eintreten werde! Diederich entrüstete sich; Heuteufel sei hundertmal schlimmer als irgendein Prolet; und er spielte auf die düsteren Folgen an, die eine so unpatriotische Haltung haben müsse. Leider d
hin, Heuteufel werde ihm zu Gefallen zurücktreten. Welche Verblendung! Gleich am Morgen las man die wei?en Zettel, auf denen der Freisinn heuchlerisch erkl?rte, national sei auch er, die nationale Gesinnung sei nicht das Privileg einer Minderheit, und darum –. Der Trick des alten Buck enthüllte sich vollends; wenn nicht die ganze Partei des Kaisers in den Scho?
er Brieftr?ger legte seinen Packen hin, und Diederich sah obenauf: Gausenfeld. Er h?ngte wieder ein, er betrachtete, nickend wie das Schicksal, den Brief. Schon gemacht. Der Alte hatte ohne Worte begriffen, da? er seinen Freunden Buck und Konsorten kein Geld mehr geben dürfe
irklich laut lachte ... Da nahm er wahr, da? am Schlusse des Briefes, nach der Unterschrift, noch etwas stand, ein Zusatz, kleiner geschrieben als das übrige und so unscheinbar, da? Diederich ihn vorhin übersehen hatte. Er entzifferte – und der Mund ging ihm von selbst auf. Pl?tzlich tat er einen Sprung. ?Na also!" rief er frohlockend durch sein einsames Bureau. ?Da haben wir sie!" Hierauf bemerkte [pg 435]er tiefernst: ?Es ist schauerlich. Ein Abgrund." Er las noch einmal, Wort für Wort, den verh?ngnisvollen Zusatz, legte den Brief in den Geldschrank und schlo? mit hartem Griff. Dort innen schlummerte nun das Gift für Buck un
hrie er. ?Da h?tte er nun aber Kühnchen kennengelernt!" Diederich empfahl dem Major dringend, seinen Gegner zu verklagen. Aber Kunze [pg 436]brauchte keinen Ansporn mehr, er verma? sich, Heuteufel ganz einfach in die Pfanne zu hauen. Auch dies war Diederich recht, und er stimmte lebhaft zu, als Kunze erkennen lie?, da? er unter diesen Umst?nden lieber mit dem ?rgsten Umsturz gehe als mit dem Freisinn. Hiergegen ?u?erten Kühnchen und auch Pastor Zillich, der hinzukam, ihre Bedenken. Die Reichsfeinde – und die Partei des Kaisers! ?Bestochene Feiglinge!" sagte Diederichs Blick – indes der Major fortfuhr, Rache zu schnauben. Blutige Tr?nen sollte die Bande weinen! ?Und zwar noch heute abend", verhie? darauf Diederich
Bühne und redete? S?tbier, Diederichs entlassener Prokurist! Aus Rache hielt S?tbier eine Hetzrede, worin er über die Arbeiterfreundlichkeit gewisser Herren auf das abf?lligste urteilte. Sie sei nichts als ein demagogischer Kniff, womit man, um gewisser pers?nlicher Vorteile willen, das Bürgertum spalten und dem Umsturz W?hler zutreiben wolle. Früher habe der Betreffende im Gegenteil gesagt: Wer Knecht ist, soll Knecht bleiben. ?Pfui!" riefen die Organisierten
n? Was selbst Klassen? Es geht um das Volk, dazu geh?ren alle, nur die Herren nicht. Wir müssen zusammenhalten, wir Bürger dürfen nicht immer aufs neue den Fehler begehen, der schon in meiner Jugend begangen wurde, d
r wa
ere Freiheit zu behaupten gegen Herren, die uns nur noch rüsten, damit wir unfrei sind. Wer Knecht ist, soll Knecht bleiben
Kunze geschart: da zog Diederich blank. ?Der Erbfeind erhebt wieder mal das Haupt!" schrie er mit Todesverachtung. ?Ein Vaterlandsverr?ter, wer unserem herrlichen Kaiser versagt, was er" – ?Hu, hu!" riefen die Vaterlandsverr?ter; aber Diederich, unter den Beifallssalven der Gutgesinnten, schrie weiter, wenn ihm auch die Stimme überschnappte. ?Ein franz?sischer General hat Revanche verlangt!"
om Bureau. Diederich fuhr herum, er erkannte Heuteufel
h dem Vorsitzenden hin und flehte erstickt um Hilfe. Der alte Buck gew?hrte sie ihm, er klingelte anhaltend, und er schickte sogar einige junge Leute aus, damit sie Diederich von seinen Feinden erretteten. Kaum da? er sich rühren konnte, schwang Diederich den Finger gegen den alten Buck. ?Die demokratische Korruption!" schrie er, tanzend vor Leidenschaft. ?Ich will sie ihm beweisen!" ?Bravo! Reden lassen!" – und das Lager der nationalen M?nner setzte sich in Bewegung, überrannte die Tische und ma? sich Aug' in Auge mit dem U
werden. So sehen die Verr?ter an der Nation aus. Sie haben sich [pg 440]nur ?u?erlich ver?ndert
ck sa? er im Armbereich eines starken Arbeiters, der so furchtbar nach ihm aush
en keine Herrschaft demütigend schien, wenn sie sie bereicherte. Der sklavische Materialismu
s, er spannte sich zu dem let
r, von ihm verraten und seine Beute zu
ei
tional zu nennen er die Stirn hat, in barem Gelde betr?gt. Fragt ihn,
rteten mit kalter Gier im Gesicht seinen Zusammenbruch; und ?Wulckow!" rief der Saal ihm zu, ?Wulckow!" Er stammelte etwas von Verleumdung, das Herz flog ihm, einen Augenblick schlo? er die Augen, in der Hoffnung, er werde umfallen und der Sache über[pg 441]hoben sein. Aber er fiel nicht um – und als nichts anderes mehr m?glich war, kam
ein Zauberwort. ?Jeder kann bei mir verdienen!" brüllte Diederich; mit unverminderter Gewalt. ?Je
w!" gerufen, noch dazu nach dem Takt von Biergl?sern, die man auf die Tische stie?. Diederich erkannte, da? dies ein vorbereiteter Streich war, der nicht nur ihm, sondern weit h?heren
n, das ist mir nahegelegt worden, ich kann es beschw?ren. Ich als nationaler Mann habe mich energisch gewe
s und seiner sittlichen Sendung. Er griff in die Brusttasche, und vor dem tausendk?pfigen Drachen dort unten, der ihn ansprit
Gleich. Zwei Herren von der freisinnigen Partei sind beim Besitzer gewesen und haben das Vorka
n! Na
s verraten, nur nicht die Namen. Blitzend fa?te er die Herren des Vorstandes ins Aug
Herr Warenhaus
ich entziehen. Der alte Buck sah ihn an, starr, mit einem sichtbaren Zittern der Wangen; und dann erteilte er ihm von selbst das Wort. Cohn, von Heuteufel mit einem Sto? versehen, kam ohne rechte überzeugung hinter dem langen Tisch des Komitees hervor, schleppte die Fü?e nach und hatte ungünstig gewirkt, noch be
auf den Beinen, au?er dem Polizeileutnant. Der alte Buck hatte den Platz des Vorsitzenden verlassen, und abgekehrt von dem Volk, über das der letzte Schrei seines Gewissens vergebens hingegangen war, abseits und allein, richtete er die Augen dorthin, wo niemand sah, da? sie weinten. Heuteufel sprach entrüstet auf den Polizeileutnant ein, der sich von seinem Stuhl nicht rü
schwerkrank, erkl?rte Heuteufel. Man werde hinschicken, man telephoniere schon. ?Auweh", raunte Kunze seinem Freunde Diederich zu. ?Wenn Kühlemann es war, sind wir fertig und k?nnen einpacken." ?Noch lange nicht!" verhie? Diederich, tollkühn. Pastor Zillich seinerseits setzte seine Hoffnung nur mehr auf den Finger Gottes. Diederich in seiner Tollkühnheit sagte: ?Brauchen wir gar nicht!" – und er machte sich über einen Zweifler her, dem er zure
man nicht, warum. Pl?tzlich hie? es: ?Kühlemann soll tot sein." Diederich fühlte es mehr, als da? er es h?rte. Er gab es pl?tzlich auf, zu reden und sich abzuarbeiten. Vor Spannung schnitt er Gesichter. Wenn jemand ihn fragte, antwortet
rd sich bewu?t, da? dieser Finger doch nicht zu verachten war. Wie, wenn er dem Schicksal einen anderen Lauf angewiesen h?tte?... Die Parteien im Saale l?sten sich auf; das Eingreifen d
treuer Mann!" Da die Versammlung dies einsah, machte Napoleon Fischer, der zugegen war, den Versuch, sie auf die gebotenen Konsequenzen ihrer Haltung hinzuweisen. Sofort fuhr Diederich dazwischen. Die nationalen W?hler würden schweren Herzens ihre Pflicht tun und das kleinere übel w?hlen. ?Aber ich bin der erste, der jedes Paktieren mit dem Umsturz weit von sich weist!" Er schlug so lange auf das Rednerpult, bis Napoleon in der Versenkung verschwand. Und da? Diederichs Entrüstung echt war, ersah man in der Frühe des Stichwahltages aus der sozialdemokratischen ?Volksstimme", die unter h?hnischen Ausf?llen gegen Diederich selbst alles wiedergab, was er über den alten Buck gesagt hatte, und zwar nannte sie den Namen. ?He?ling f?llt hinein," sagten die W?hler, ?denn jetzt mu? Buck ihn verklagen." Aber viele antworteten: ?Buck f?llt hinein, der andere wei? zuviel." Auch die Freisinnigen, soweit sie der Vernunft zug?nglich waren, fanden jetzt, es sei an der Zeit, vorsichtig zu werden. Wenn die Nationalen, mit denen nicht zu spa?en schien, nun einmal meinten, man solle für den Sozialdemokraten stimmen –. Und war der Sozialdemokrat erst gew?hlt, dann war es gut, da? man ihn mitgew?hlt hatte, sonst ward man noch boykottiert von den Arbeitern ... [pg 447]Die Entscheidung aber fiel nachmittags um drei. In der Kaiser-Wilhelm-Stra?e erscholl Alarmgebl?se, alles stürzte an die Fenster und unter die Ladentüren, um zu sehen, wo es brenne. Es war der Kriegerverein in Uniform, der herbeimarschierte. Seine Fahne zeigte ihm den Weg der Ehre. Kühnchen, der das Kommando führte, hatte die Pickelhaube wild im Nacken sitzen und schwang
r gemeinnützige Zwecke vermacht, sehr anst?ndig. S?uglingsheim oder Kaiser-Wilhelm-Denkmal, es war wie Schwamm oder Zahnbürste, wenn man zu Gottlieb Hornung kam. In der entscheidenden Sitzung der Stadtverordneten zeigte es sich, da? die Sozialdemokraten für das Denkmal waren, also sch?n. Irgend jemand schlug vor, gleich ein Komitee zu bilden und dem Herrn Regierungspr?sidenten von Wulckow den Ehrenvorsitz anzubieten. Hier erhob sich Heuteufel, den seine Niederlage wohl doch ge?rgert hatte, und ?u?erte Bedenken, ob der Regierungspr?sident, der einem gewissen Grundstücksgesch?ft nicht fernstehe, sich selbst für berufen halten werde, das Grundstück mitzubestimmen, auf dem d
ch noch pers?nlich ansehen?" Aber damit schadete Heuteufel nur sich selbst. Da der alte Buck nun in kurzer Zeit zwei Niederlagen erlitten hatte, sah man voraus, der Proze? gegen die ?Volksstimme" werde seine dritte sein. Die Aussage, die man vor Gericht zu machen haben würde, pa?te jeder schon im voraus den gegebenen Umst?nden an. He?ling war natürlich zu weit gegangen, sagten vernünftig Denkende. Der alte Buck, den alle von jeher kannten, war [pg 450]kein Schwindler und Gauner. Eine Unvorsichtigkeit w?re ihm vielleicht zuzutrauen gewesen, besonders jetzt, wo er die Schulden seines Bruders bezahlte und selbst schon das Wasser an der Kehle hatte. Ob er nun wirklich mit Cohn bei Klüsi
pekt eher noch hinter der Wahrheit zurückbleibe. [pg 451]Gausenfeld sei tats?chlich eine Goldgrube; der Ankauf der Aktien, die an der B?rse zugelassen seien, k?nne nur auf das w?rmste empfohlen werden. Tats?chlich wurden die Aktien in Netzig stark gefragt. Wie sachlich und von pers?nlichem Interesse unbeeinflu?t Diederichs Urteil gewesen war, zeigte sich bei einer besonderen Gelegenheit, als n?mlich der alte Buck Geld suchte. Denn er war so weit; seine Familie und sein Gemeinsinn hatten ihn glücklich so weit gebracht, da? auch seine Freunde nicht mehr mitgingen. Da griff Diederich ein. Er gab dem Alten zweite Hypothek für sein Haus in der Fleischhauergrube. ?Er mu? es verzweifelt n?tig gehabt haben", bemerkte Diederich, sooft er davon erz?hlte. ?Wenn er es von
eon Fischer nach Berlin reiste, um die Milit?rvorlage abzu[pg 452]lehnen. Die ?Volksstimme" hatte eine Massendemonstration angekündigt, der Bahnhof sollte polizeilich besetzt sein; Pflicht eines nationalen Mannes
sohn Kniehosen. Er setzte hinzu: ?Schon um den politische
ung eines Menschen, der keinen Erfolg gehabt hatte. ?Man da
? Wi
ist freilich for
sohn feixte. ?Und man
h machte ein Gesicht voll Einverst?ndnis. ?Ab
n und schnaufte. K?thchen Zillich durchgegangen! In was für Abenteue
keine Ahnung. Ich bin weiter nicht b?se mit ihr,
nzte Diederich, de
Stimme gesenkt: ?Jetzt kann [pg 453]ich es Ihnen ja sagen, mir kam das M?dc
as glauben Sie denn? Ich selbst habe ihr Empfehlungen mi
wie es in Wahrheit nicht stattgefunden hatte. Mit einem L?cheln befriedigter Rache sah er auf Jadassohn, der sichtlich im Zweifel war, ob hier der Ehrenpunkt Platz greifen müsse. Schlie?lich entschied er sich dafür, Diederich auf die Schulter zu klopfen, und man zog in freundschaftlicher Weise die gebotenen Schlüsse. ?Die Sache bleibt natürlich streng unter uns ... So ein M?dchen mu? man auch gerecht beurteilen, denn
ziehen, wenn Sie die ?ffentlichkeit schon jetzt darauf vorbereiten." Diederich, ergriffen wider Willen, fragte: ?Was haben Sie vor?" Und Jadassohn, bedeutungsschwer, mit dem L?cheln eines opfervollen Entschlusses: ?Ich stehe im Begriff, meine ?u?ere Erscheinung in Einklang zu bringen mit meinen
etschte die Z?hne. Wie Diederich ihn kannte, war er im Begriff, einen Widerstand gegen die Staatsgewalt zu begehen. Zu seinem Glück fuhr der Zug ein – und erst jetzt ward Diederich auf einen untersetzten Herrn aufmerksam, der sich aber [pg 455]abwandte, wenn man um ihn herumging. Er hielt einen gro?en Blumenstrau? vor sich hin und sah dem Zug entgegen. Diederich kannte doch diese Schultern ... Das ging mit dem Teufel zu! Aus einem Coupé grü?te Judith Lauer, ihr Mann half ihr herunter, ja, er überreichte ihr den Blumenstrau?, und sie nahm ihn mit dem ernsten L?cheln, das sie hatte. Wie die beiden sich nach dem Ausgang wandten, ging Diederich ihnen schleunigst aus dem Weg, und er schnaufte dabei. Mit dem Teufel ging es nicht zu, Lauers Zeit war einfach herum, er war wieder frei. Nicht da? von i
ein Fehler gewesen, ihn zum Vorsitzenden zu w?hlen. überhaupt h?tte er mit dem Geld, das He?ling ihm anst?ndigerweise gegeben hatte, lieber Schulden bezahlen sollen, statt Gausenfelder Aktien zu kaufen. Diederich selbst ?u?erte überall diese Ansicht. ?Wer h?tte das früher von ihm gedacht!" bemerkte er auch hierzu wieder, und wieder tat er einen gedankenvollen Blick in das Schicksal. ?Man sieht, wozu einer imstande ist, der den Boden unter den Fü?en verliert." Worauf jeder den beklemmenden Eindruck mitnahm, der alte Buck werde auch ihn selbst, als Aktion?r von Gausenfeld, in seinen Ruin hineinrei?en. Denn die Aktien fielen. Infolge der Entlassungen drohte ein Streik: sie fielen noch tiefer ... Hier machte Kienast sich Freunde. Kienast war unvermutet in Netzig eingetroffen, zur Erholung, wie er sagte. Keiner gestand es gern dem anderen ein, da? er Gausenfelder hatte und hereingefallen war. Kienast hinterbrachte es dem, da? jen
t dagegen. Mehreren war es aufgefallen, wie lebhaft er sich für den Platz interessierte. Klüsing selbst, der noch immer krank war, hatte in seiner kommissarischen Vernehmung ausgesagt, sein Freund Buck sei bis vor kurzem bei ihm ein und aus gegangen. Wenn Buck ihm von dem Vorkaufsrecht auf das Terrain gesprochen haben sollte, so habe er dies keinesfalls in einem für Buck ehrenrührigen Sinne aufgefa?t ... Der Kl?ger Buck wünschte festgestellt zu sehen, da? der verstorbene Kühlemann es
nnt habe. Mein Interesse in der Sache war einzig das der Stadt, die nicht durch einzelne gesch?digt werden sollte. Ich bin für die politische Moral eingetrete
. Diederich sollte nun angeben, welches seine pers?nliche Auffassung der Sache sei. Er setzte an: da trat Bu
ie haben einen anderen Gegenstand. Mein Haus war immer jedem offen und zug?nglich, auch dem Herrn Zeugen. Mein Leben geh?rt seit mehr als fünfzig Jahren nicht mir, es geh?rt einem Gedanken, den zu mei
Lage so sehr verkennen? ?Wenn einer von uns den anderen von oben herab zu behandeln hat –" Und Diederich blitzte. Er blitzte den Alten, der vergebens flammte, einfach nieder, und diesmal endgültig, mitsamt der Gerechtigkeit und dem Wohl aller. Zuerst das eigene Wohl – und gerecht war die Sache, die
rbreitete sich summend das Neueste aus der ?Netziger Zeitung": es war Tatsache, He?ling, Gro?aktion?r von Gausenfeld, war als Generaldirektor berufen worden ... Neugierig musterte man ihn – und ihm gegenüber den alten Buck, auf dessen Kosten er Seide gesponnen hatte. Die zwanzigtausend, die er dem Alten zuletzt noch geliehen hatte, bekam [pg 460]er nun mit hundert P
ugte die nie recht aufgekl?rte Geschichte mit der Verlobung seines Sohnes, desselben, der sich jetzt beim Theater umhertrieb. Und Bucks Politik? Eine internationale Gesinnung, immer nur Opfer fordern für demagogische Zwecke, aber wie Hund und Katz' mit der Regierung, was dann wieder auf die Gesch?fte zurückwirkte: das war die Politik eines Menschen, der nichts mehr zu [pg 461]verlieren hat und dem es an gutbürgerlicher Mündelsicherheit gebricht. Entrüstet erkannte man, da? man sich auf Gedeih und Verderb in der Hand eines Abenteurers befunden hatte. Ihn unsch?dlich zu machen, war der allgemeine Herzenswunsch. Da er von selbst aus dem vernichtenden Urteil die Folgerungen nicht zog, mu?ten andere sie ihm nahelegen. Das Verwaltungsrecht enthielt doch wohl eine Bestimmung, wonach ein Gemeindebeamter sich durch sein Verhalten in und au?er dem Amte der Achtung, die dieses erfordert, würdig zu erweisen hatte. Ob der alte Buck diese Bestimmung erfüllte? Die Frage aufwerfen, hie? sie verneinen, wie die
en die, denen er nichts zu befehlen gehabt hatte und die dennoch voll Ergebenheit gewesen waren, solange er das allgemeine Ansehen geno?. Statt der alten Freunde aber, die auf seinem t?glichen Spaziergang sich niemals vorfanden, kamen neue, seltsame. Sie begegneten ihm, wenn er heimkehrte und es schon d?mmerte, und es war etwa ein kleiner Gesch?ftsmann mit gehetzten Au
von einem geheimnisvollen Grauen überlaufen, gleich wie das erwachsene Geschlecht, als es klein war, bei seinem Anblick einen unerkl?rten Stolz gefühlt hatte. Junge Leute freilich gab es, die der herrschenden Meinung nicht folgten. [pg 463]Manchmal, wenn der Alte das Haus verlie?, war eben die Schule aus. Die Herden der Heranwachsenden trabten davon, ehrfürchtig machten sie ihren Lehrern Platz, und Kühnchen, jetzt rückhaltlos national, oder Pastor Zillich, sittenstrenger als je seit dem Unglück mit K?thchen, eilten hi
da? Herr Generaldirektor Doktor He?ling sich ein gro?es und unbestrittenes Verdienst um die Allgemeinheit erworben habe. Ohne ihn, der mehr als die H?lfte der Aktien in aller Stille an sich gebracht hatte, w?ren sie sicherlich immer tiefer gefallen, und gar manche Familie verdankte es nur Herrn Doktor He?ling, da? sie vor dem Zusammenbruch bewahrt blieb. Der Streik war durch die Energie des neuen [pg 464]Generaldirektors glücklich beschworen. Seine nationale und kaisertreue Gesinnu
nige von euch", sagte er, ?kennen mich schon, vom He?lingschen Werk her. Na, und ihr anderen sollt mich kennenlernen! Wer mir behilflich sein will, ist willkommen, aber Umsturz wird nicht geduldet! Vor noch nicht zwei Jahren hab' ich das einem kleinen Teil von euch gesagt, und jetzt seht euch an, wie viele ich jetzt unter meinem Befehle habe. Ihr k?nnt stolz auf einen solchen Herrn sein! Verla?t euch auf mich, ich werde es mir angelegen sein lassen, euern nationalen Sinn zu wecken und euch zu treuen Anh?nge
ern waren, noch bevor sie wirklich dastanden, Pflegekinder verboten. Ein in freier Liebe dahinlebendes Paar, das unter Klüsing zehn Jahre lang sich der Entdeckung zu entziehen gewu?t hatte, wurde feierlich entlassen. Dieser Vorfall war für Diederich sogar der Anla?, ein neues Mittel zur sittlichen Hebung des Volkes zu verwenden. An den geeigneten Orten lie? er ein in Gausenfeld selbst erzeugtes Papier aufh?ngen, bei dessen Benutzung niemand umhin konnte, die moralischen oder staatserhaltenden Maximen zu beachten, mit denen
afür Stimmung; seine Leute bereitete er darauf in einer Ansprache vor, die sie mit düsterem Schweigen aufnahmen. Die Mehrheit des Reichstages war gewissenlos genug, die Vorlage abzulehnen, und der Erfolg lie? nicht warten, ein Industrieller ward ermordet. Ermordet! Ein Industrieller! Der M?rder behauptete kein Sozialdemokrat zu sein, aber [pg 467]das kannte Diederich von seinen eigenen Leuten her; und der Ermordete sollte arbeiterfreundlich gewesen sein, aber das kannte Diederich an sich selbst. Tage- und wochenlang ?ffnete er keine Tür ohne Bangen vor einem dahinter schon gezückten Messer. Sein Bureau erhielt Selbstschüsse, und gemeinsam mit Guste kroch er jeden Abend durch das Schlafzimmer und suchte. Seine Telegramme an den Kaiser, mochten sie von der Stadtverordnetenversammlung ausgehen, vom Vorstand der ?Partei des Kaisers", vom Unternehmerverband oder vom Kriegerverein: die Telegramme, mit denen Diederich den Allerh?chsten Herrn überschüttete, schrien nach Hilfe gegen die von den Sozialisten angefachte Revolutionsbewegung, der wieder ein Opfer mehr erlegen war; nach Befreiung von dieser Pest, nach schleunigen gesetzlichen Ma?nahmen, milit?rischem Schutz der Autorit?t un
ies erkannte der Schwager nicht an, vielmehr verma? er sich, für seine piet?tlosen Ansprüche eine rechtliche Grundlage gefunden zu haben. War er nicht als Gatte Magdas der Mitbesitzer, zu einem Achtel ihres Wertes, der alten He?lingschen Fabrik gewesen? Die Fabrik war verkauft, Diederich hatte bares Geld und Gausenfelder Vorzugsaktien dafür bekommen. Kienast verlangte ein Achtel der Kapitalrente und der j?hrlichen Dividende der Vorzugsaktien. Auf dieses unerh?rte Ansinnen erwiderte Diederich mit aller Energi
gen, sein pers?nlicher Verlust schmerzte ihn weniger als der Abbruch, den dergestalt die nationale Sache erlitt ... Guste, deren Blick so weit nicht reichte, schürte den Streit der M?nner mehr aus weiblichen Motiven. Ihr Erstes war ein M?dchen, und sie verzieh Magda ihren Jungen nicht. Magda, die den Geldsachen anfangs nur ein laues Interesse entgegengebracht hatte, leitete den Beginn der Feindseligkeiten von dem Tage her, als Emmi mit einem aus Berlin bezogenen unerh?rten Hut erschien. Magda stellte fest, da? Emmi jetzt von Diederich in der emp?rendsten Weise bevorzugt wurde. Emmi bewohnte in Gausenfeld ein eigenes Appartement, wo sie Tees gab. Die H?he ihres Toilettegeldes stellte eine Unversch?mtheit gegen die verheiratete Schwester dar. Magda mu?te sehen, da? der Vorrang, den ihre V
ht n?tig haben!" Magda protestierte und stie? ihrerseits, grün im Gesicht, Beschuldigungen aus. Aber Guste war zum Telephon gestürzt, sie rief Diederich aus dem Bureau herbei; dann lief sie fort und kehrte mit einem Packen Briefe zurück. Gegenüber trat Diederich ein und hatte seinen auch schon dabei. Als die drei interessanten Sammlungen wirkungsvoll ausgebreitet auf dem Tisch lagen, sahen die drei Verwandten entgeistert einander an. Dann fa?ten sie sich und schrien alle gleichzeitig dieselben Anklagen. Um nicht an Boden zu verlieren, rief Magda das Zeugnis ihres Mannes an, der gleichfalls heimgesucht sei. Guste behauptete, auch bei Emmi etwas gesehen zu haben. Emmi ward geholt und gestand unschwer in ihrer wegwerfenden Art, da? auch ihr die Post solche Schweinereien gebracht habe. Die meisten habe sie vernichtet. Die alte Frau He?ling sogar war nicht verschont geblieben! Sie leugnete zwar weinend, solange es ging, ward aber überführt ... Da dies alles die Angelegenheit nur erweiterte, aber nicht kl?rte, trennte man sich beiderseits mit Drohungen, die innerlich haltlos, aber keineswegs ohne Schrecken waren. Um ihre Stellung zu befestigen, hielt jede der Parteien Umschau nach B
d Kommilitone Gottlieb Hornung, der schon so manche nützlichen Dienste geleistet hatte, sei ganz geeignet, auch hier einen zu leisten, w?re es selbst unfreiwillig; weshalb er ihn pflichtgem?? anzeigte. Und als Hornung erst einmal laut genannt war, zeigte es sich, da? er schon l?ngst überall verd?chtigt war. Er hatte w?hrend der Wahlen zahlreiche Einblicke erhalten, war übrigens aus Netzig und ohne Verwandte, was ihm den Unfug offenbar erleichtert hatte. Hinzu kam sein Verzweiflungskampf um das Recht, weder Schw?mme noch Zahnbürsten zu verkaufen; dieser Kampf verbitterte ihn zusehends, er hatte ihm gewisse h?hnische ?u?erungen entrissen, über Herrschaften, die die Schw?mme wohl nicht nur au?en n?tig h?tten, und bei denen mit Z?hneputzen noch nichts geschehen sei. Er ward angeklagt und gab in mehreren F?llen seine Urheberschaft ohne weiteres zu. In den meisten freilich leugnete er sie um so kr?ftiger, aber dafür gab es Schreibsachverst?ndige. Gegenüber der Meinung eines Zeugen wie Heuteufel, der von einer Epidemie sprach und behauptete, ein einzelner sei zu sch
r und Kaiserkrone in den Würfeln, lag neben der Kaffeekanne immer die Bibel, und Guste war gehalten, jeden Morgen daraus [pg 475]vorzulesen. Am Sonntag ging man zur Kirche. ?Es ist oben erwünscht", sagte Diederich ernst, wenn Guste sich str?ubte. Wie Diederich in der Furcht seines Herrn, hatte Guste in der Furcht des ihren zu leben. Beim Eintritt ins Zimmer war es ihr bewu?t, da? dem Gatten der Vortritt gebühre. Die Kinder wieder mu?ten ihr selbst die Ehre erweisen, und der Teckel M?nne hatte alle zu Vorgesetzten. Beim Essen dann oblag es Hund und Kindern, sich schweigend zu verhalten; Gustes Sache war es, aus den Stirnfalten des Gatten zu ersehen, ob es geboten sei, da? man ihn ungest?rt lasse, oder aber ihm durch Geplauder die Sorgen verscheuche. Gewisse Gerichte wurden nur für den Hausherrn aufgetragen, und Diederich warf an guten Tagen ein Stück davon über den Tisch, um herzlich lachend zuzusehn, wer es erwischte, Gretchen, Guste oder M?nne. Sein Nachmittagsschlaf war ?fters durch eine Verdauungs
nnahmen. Alle diese Kernworte deutschen und zeitgem??en Wesens – Diederich lebte und webte in ihnen, wie in Ausstrahlungen seiner eigenen Natur, sein Ged?chtnis bewahrte sie, als habe er sie selbst gesprochen. Manchmal hatte er sie wirklich schon gesprochen. Andere untermischte er bei ?ffentlichen Gelegenheiten seinen eigenen Erfindungen, und weder er noch ein anderer unterschied, was von ihm [pg 477]kam und was von einem H?heren ... ?Dies ist sü?", sagte Guste, die das Vermischte las. ?Der Dreizack geh?rt in unsere Faust", behauptete Diederich unbeirrt, indes Guste ein Erlebnis der Kaiserin zum besten gab, das sie tief befriedigte. In Hubertusstock gefiel sich die hohe Frau in einfacher, beinahe bürgerlicher Kleidung. Ein Brieftr?ger, dem sie sich auf der Landstra?e zu erkennen gab, hatte ihr nicht geglaubt, da? sie es sei, und sie ausgelacht. Nachher war er vernichtet auf die Knie gesunken und hatte eine Mark erhalten. Dies entzückte auch Diederich – wie es ihm andererseits an das Herz griff, da? der Kaiser am Weihnachtsabend auf die Stra?e ging, um mit 57 Mark neugepr?gten Geldes den Armen Berlins ein frohes Fest zu bereiten – und wie es ihn ahnungsvoll erschauern lie?, d
eine Augen keineswegs blitzten, sondern voll Angst und dunkeln Verlangens standen ... Dies schien Guste die letzten Bedenken zu nehmen. Sie erhob sich; indes sie in fesselloser Weise mit den Hüften schaukelte, begann sie ihrerseits heftig zu blitzen, und den wurstf?rmigen Finger gebieterisch gegen den Boden gestreckt, zischte sie: ?Auf die Knie, elender Schklafe!" Und Diederich tat, was sie heischte! In einer unerh?rten und wahnwitzigen Umkehrung aller Gesetze durfte Guste ihm befehlen: ?Du sollst meine herrliche Gestalt anbeten!" – und dann auf den Rücken gelagert, lie? er sich von ihr in den Bauch treten. Freilich unterbrach sie sich inmitten dieser T?tigkeit und fragte pl?tzlich ohne ihr grausames Pathos und streng s
r zu übersehen, der den nationalen Gedanken beflügelte und immer h?her trug. Das Verh?ltnis Heuteufels zu seinem Schwager Zillich litt nach wie vor unter Mi?helligkeiten. Zwischen den Weltanschauungen lagen denn doch unübersteigbare Schranken, und ?in seine religi?sen überzeugungen l??t sich der Deutsche nicht hineinreden", wie man auf beiden Seiten feststellte. In der Politik dagegen war bekanntlich jede Ideologie vom übel. Seinerzeit im Frankfurter Parlament hatten gewisse hochbedeutende M?nner gesessen, aber es waren noch keine Realpolitiker gewesen, und darum hatten sie nichts als Unsinn gemacht, wie Diederich bemerkte. übrigens milde gestimmt durch seine Erfolge, gab er zu, da? das Deutschland der Dichter und Denker vielleicht auch seine Berechtigung gehabt habe. ?Aber es war doch nur eine Vorstufe, unsere geistigen Leistungen heute liegen auf dem Gebiet der Industrie und Technik. Der Erfolg beweist." Heuteufel mu?te es zugeben. Seine ?u?erungen über den Kaiser, über Wirksamkeit und Bedeutung Seiner Majest?t klangen wesentlich zurückhaltender als ehedem; bei jedem neuen Auf[pg 481]treten des allerh?chsten Redners stutzte er, versuchte zu n?rgeln und lie? doch erkennen, da? er am liebsten sich einfach angeschlossen h?tte. Der entschiedene Liberalismus, dies ward nachgerade allgemein anerkannt, konnte nur gewinnen, wenn auch er sich mit der Energie des nationalen Gedankens erfüllte, wenn er positiv mitarbeitete und bei zielbewu?tem Hochhalten des freiheitlichen Banners doch den Feinden, die uns den Platz in der Sonne nicht g?nnten, ein unerbittliches quos ego zurief. Denn nicht nur unser Erbfeind Frankreich erhob immer aufs neue das Haupt: auch die Abrechnung mit den unversch?mten Engl?
d den h?chsten Stellen der Stadt. An der irdischen Gerechtigkeit nicht weniger als an der g?ttlichen verzweifelnd, schwor der Vater, das Amt des Richters selbst zu übernehmen, und wirklich sollte er eines Nachmittags, als sie noch im Bette lag, die verlorene Tochter einer Züchtigung unterzogen haben. Nur der Mutter, die ihm, alles ahnend, gefolgt war, verdankte K?thchen ihr nacktes Leben, wie die Gemeinde behauptete. Der Mutter sagte man eine verwerfliche Schw?che nach für die Tochter in ihrem sündigen Glanz. Was Pastor Zillich betraf, so erkl?rte er von der Kanzel herab K?thchen für tot und verfault, wodurch er sich vor dem Einschreiten des Konsistoriums rettete. Mit der Zeit verst?rkte die ihm widerfahrene Prüfung seine Autorit?t ... Diederich seinerseits kannte von den Herren, die an K?thchens Lebenswandel mit Einlagen beteiligt waren, offiziell nur Jadassohn, obwohl Jadassohn von allen die kleinsten Einlagen machte, Diederich vermutete sogar, gar keine. Jadassohns Beziehungen zu K?thchen lagen eben, noch von früher her, als Hypothek auf dem Unternehmen. So nahm Diederich keinen Anstand, die Sorgen, die es ihm machte, mit Jadassohn zu besprechen. Die beiden rückten am Stammtisch in der Nische zusammen, die die Inschrift trug: ?Was einem Mann zur Lust ein minnig Weiblein br?t, gar wohl ger?t"; und mit der gebotenen Rücksicht auf Pastor Zillich, der nicht weit davon über die christl
olange er nüchtern war. Sp?terhin gab er durch seine von früher her sattsam bekannte Art, die heiligsten Güter in den Schmutz zu ziehen, Gelegenheit genug, ihn aus jeder anst?ndigen Gesellschaft auszuschlie?en. Diederich war es, der ihn vor diesem Schicksal bewahrte. Er verteidigte seinen Freund. ?Die Herren müssen bedenken, er ist erblich belastet, denn die Familie weist Anzeichen einer schon ziemlich weit vorgeschrittenen Degeneration auf. Andererseits spricht es für einen gesunden Kern in ihm, da? das Schauspielerdasein ihn denn doch nicht befriedigt hat und da? er zu seinem Beruf als Rechtsanwalt zurückgefunden hat." Man erwiderte, es sei verd?chtig, wenn Buck sich über seine fast dreij?hrigen Erfahrungen beim Theater so v?llig ausschweige. War er überhaupt noch satisfaktionsf?hig? Diese Frage konnte Diederich nicht beantworten; es war ein logisch nicht begründeter, aber tiefsitzender Drang, der ihn dem Sohn des alten Buck immer wieder n?herte. Immer wieder [pg 486]nahm er mit Eifer eine Unterredung auf, die doch jedesmal schroff abbrach, nachdem sie die sch?rfsten Gegens?tze blo?gelegt hatte. Er führte Buck sogar in sein Heim ein, erlebte dabei a
achte er? Wie urteilte er über die neue gesch?ftliche Blüte Netzigs, den nationalen Aufschwung und über die, die jetzt die Macht hatten? War er überzeugt und auch innerlich besiegt? Es kam vor, da? Generaldirektor Doktor He?ling, der m?chtigste Mann der Bürgerschaft, sich heimlich in ein Haustor drückte, um dann ungesehen hinterdrein zu schleichen hinter diesem einflu?losen, schon halb
o?vater als Fu?g?nger ablehnten und ein Reiterstandbild befahlen. Diederich, von Ungeduld getrieben, ging des ?fteren am Abend in die Meisestra?e, um sich vom Stand der Arbeiten zu überzeugen. Es war Mai und peinlich warm noch in der D?mmerung, aber auf dem leeren, neu angepflanzten Areal des Volksparkes ging ein Luftzug. Diederich sann wieder einmal mit gereizten Gefühlen dem gl?nzenden Gesch?ft nach
", sagte der alte Buc
jenen, die Rundb?nke symmetrisch unterbrechenden Tempeln; dort holten aber auch L?wen zum Sprung aus nach dem Vordergrund, wo ohnehin Aufregung genug herrschte durch flatternde Fahnen und heftig agierende Menschen. Napoleon der Dritte, in der geknickten Haltung von Wilhelmsh?he die Rückwand des Sockels zierend, als Besiegter hinter dem Triumphwagen,
l?ufer. Dies mystisch-heroische Spektakel wird nachher mit Ketten von uns abgesperrt sein
te – sagte der Vater: ?Und du, mein Sohn? Auch
en habe. L?cherlich, Vater, ich bin gegangen, weil einmal, als ich spielte, ein Polizeipr?sident geweint hatte. Aber bedenke auch, ob dies ertr?glich war. Feinheiten letzten Grades, Einsicht in Herzen, hohe Moral, Modernit?t des Intellektes
h genau dem Busch zu
Meister eurer Kultur dies begriffen h?tten wie ich, würden sie euch, wie ich, allein lassen mit eure
Geist noch mehr Güte gekommen. Also war es umsonst. Auch wir waren scheinbar ums
lution. Aus der Geschichte [pg 490]haben sie leider M??igung gelernt. Ihre soziale Gesetzgebung baut vor und korrumpiert. Sie s?ttigt das
mal klangvoll. ?Der Geist der Menschheit", sagte er, un
orüber sein wird, sei gewi?, die Menschheit wird das, worauf die erste Revolution fol
: ?Der würde nicht gelebt haben,
eils unbegreiflichen Traum zu kommen, worin an den Grundlagen gerüttelt worden war. Und trotz dem Unwirklichen, das alles Geh?rte an sich hatte, schien hier tiefer gerüttelt worden zu sein, als je der ihm bekannte Umsturz rüttelte. Dem einen dieser beiden war
ist, wenn ein junger Mensch für ein Brotstudium zu faul ist und Künstler wird. Als er das erstemal von Berlin nach Netzig zurückkehrte, trug er noch eine Samtjacke und zog der Familie nur Unannehmlichkeiten zu; aber bei seinem zweiten Besuch besa? er schon einen Zylinder, und nicht lange, so ward er von Seiner Majest?t entdeckt und durfte für die Siegesallee das wohlgetroffene Bildnis des Markgrafen Hatto des Gewaltigen schaffen, nebst den Bildnissen seiner beiden bedeutendsten Zeitgenossen, des M?nches Tassilo, der an einem Tage hundert Liter Bier trinken konnte, und des Ritters Klitzenzitz, der die Berliner robotten lehrte, wenn sie ihn dann auch h?ngt
mit ihm einen Auftritt, der erregt verlief, aber ohne Ergebnis blieb. Heftig schnaufend kehrte er zu Guste heim. ?Es bleibt dabei, du sollst keine offizielle Dame sein. Man wird ja sehen, wer offizieller ist, du oder er! Er soll dich noch bitten! Ich hab' ihn Gott sei Dank nicht mehr n?tig, aber er vielleicht mich." – Und so kam es, denn als das n?chste Heft der ?Woche" erschien, was brachte es au?er den gewohnten Kaiserbildern? Zwei Portr?taufnahmen, die eine den Sch?pfer des Netziger Kaiser-Wilhelm-Denkmals darstellend, wie er gerade an seinem Werk den letzten Hammerschlag tat, die andere aber den Vorsitzenden des Komitees und seine Gattin, Diederich samt Guste. Von Wulckow nichts – was allgemein bemerkt und als Zeichen angesehen ward, da? seine Stel[pg 493]lung erschüttert sei. Er selbst mu?te es fühlen, denn er tat Schritte, um doch noch in die ?Woche" zu kommen. Er
Diederich zitterte, in der n?chsten Zeile konnte sein Name kommen. Zum Glück kam er nicht, Napoleon Fischer blieb sich der Pflicht seines Amtes bewu?t. Statt dessen redete der Minister, er überlie? den unerh?rten, leider unter dem Schutze der Immunit?t begangenen Angriff auf einen Abwesenden, der sich nicht verteidigen konnte, dem Urteil des Hauses. Das Haus urteilte, indem es dem Herrn Minister Beifall klatschte. Parlamentarisch war der Fall erledigt, es erübrigte nur noch, da? auch die Presse ihren Abscheu ?u?erte und, soweit sie nicht einwandfrei gesinnt war, ganz leicht dabei mit dem Auge zwinkerte. Mehrere sozialdemokratische Bl?tter, die die Vorsicht au?er acht gelassen hatten, mu?ten ihren verantwortlichen Redakteur den Gerichten ausliefern, so auch die Netziger ?Volksstimme". Diederich benutzte diesen Anla?, um zwischen sich und denen, die an dem Herrn Regierungspr?sidenten hatten zweifeln k?nnen, glatt das Tischtuch zu zerschneiden. Er und Guste machten Besuch
warzen Brandmauer in der Sonne die schwitzenden H?lse reckte. Die Tribünen, links und rechts von den langen wei?en Tüchern, hinter denen man Wilhelm den Gro?en vermuten durfte, empfingen den Schatten ihrer Zeltd?cher sowie zahlreicher Fahnen. Links die Herren Offiziere waren, wie Diederich feststellte, durch ihre ins Blut übergegangene Disziplin bef?higt, sich und ihre Damen ohne fremde Hilfe einzurichten; alle Strenge der polizeilichen überwachung war nach rechts verlegt, wo das Zivil sich um die Sitze balgte. Auch Guste gab sich nicht zufrieden mit dem ihren, einzig [pg 496]das offizielle Festzelt gegenüber dem Denkmal schien ihr würdig, sie aufzunehmen, sie war eine offizielle Dame, Wulckow hatte es anerkannt. Diederich mu
fsichtsbeamten – und h?tten ihm auch nicht die menschlichen Laute ringsum recht gegeben, Diederich stand hier für die stummen Gewalten von Ordnung, Sitte und Gesetz, eher w?re die Tribüne eingestürzt, als da? K?thchen Zillich auf ihr verblieb ... Dennoch geschah das Au?erordentliche, da? der Beamte unter K?thchens ironischem L?cheln die Achseln zuckte, und selbst der Schutzmann, den Diederich anrief, gab nur einen weiteren unbegreiflichen Stützpunkt ab für den übergriff der Unmoral. Diederich, bet?ubt vor einer Welt, deren Betrieb gest?rt schien, lie? es geschehen, da? Guste abgeschoben ward nach einer Sitzreihe ganz oben, wobei sie mit K?thchen Zillich einige die Gegens?tze betonende Worte wechselte. Der Meinungsaustausch griff schon auf Unbeteiligte über und drohte auszuarten: da schmetterte Musik los, der Einzugsmarsch der G?ste auf der Wartburg, und wirklich bezogen sie das offizielle Zelt, voran Wulckow, unverkennbar trotz seiner roten Husarenu
er salutierend das gewaltige, von Schnüren umrahmte Profil seiner unteren K?rperteile hervorkehrte. ?Das sind die S?ulen unserer Macht!" rief Diederich in die wuchtigen Kl?nge des Einzugsmarsches. ?Solange wir solche Herren haben, werden wir der Schrecken der ganzen Welt sein!" Und voll überw?ltigenden Dranges, in der Meinung, seine Stunde sei da, stürzte er hinunter, nach dem Rednerpodium. Aber der Schutzmann, der es bewachte, trat ihm entgegen. ?Nee, nee, Sie komm' noch nich'ran", sagte der Schutzmann. J?h in seinem Schwunge gehemmt, stie? Diederich gegen ei
auf Pastor Zillich in seinem Talar – auch die Fahnenkompagnie fand sich ein, und man gab unter dem Vortritt Zillichs dem alten Alliierten die Ehre. Auf der Ziviltribüne ward das Publikum von den Beamten gehalten, sich zu erheben, die Herren Offiziere taten es von selbst. überdies stimmte die Kapelle ?Ein' feste Burg" an. Zillich schien trotzdem noch irgend etwas vorzuhaben, aber der Oberpr?sident, offenbar in der Annahme, da? der alte Alliierte nun genug habe, lie? sich, gelblichen Ge
h er verschwommen. Nach einigem Schnaufen unterschied er im kahlen Umkreis ein B?umchen, das keine Bl?tter hatte, aber mi
! H?chste, hohe u
henkt ward; gleichzeitig aber – das macht diese Stunde noch bedeutsamer – ist fast ein Jahrzehnt vergangen, seit sein gro?er Enkel den Thron best
aftes Bild des ?lteren Geschlechts, das durch eine einseitige humanit?re Bildung zu zuchtlosen Anschauungen verführt, in nationaler Hinsicht noch keinen Komment [pg 501]gehabt hatte. Wenn das jetzt gründlich anders geworden war, wenn wir, im berechtigten Selbstgefühl, das tüchtigste Volk Europas und der Welt zu sein, von N?rglern und Elenden abgesehen, nur noch eine einzige nationale Partei bildeten, wem verdankten wir es? Allein Seiner Majest?t, antwortete Diederich. ?Er hat den Bürger aus dem Schlummer gerüttelt, sein erhabenes Beispiel hat uns zu dem gemacht, was wir sind!" – wobei Diederic
en aller Feinde, die uns neidisch umdrohen, so sind wir die Elite unter den Nationen und bezeichnen eine zum ersten Male erre
bünen in Beifall aus. Bei den Zivilisten wehten Taschentücher, Guste lie? es im Wind flattern, und, trotz der Unstimmigkeit von vo
t es für notwendig gehalten, das deutsche Gold im Feuer zu bewahren. Durch den Schmelzofen von Jena und Tilsit haben wir hindurchgemu?t, und schl
ick, wo er als K?nig von Gottes Gnaden, das Zepter in der einen und das Reichsschwert in der anderen Hand, nur Gott die Ehre gab und von ihm die Krone nahm. In erhabenem Pflichtgefühl hatte er es weit von sich gewiesen, dem Volk die Ehre zu geben und vom Volk die Krone zu nehmen, und nicht zurückgeschreckt war er vor der furchtbaren Verantwortung gegenüber Gott allein, von der
timmung aus. Die Sonne war fort, es wehte k?lter; und als sei er angeregt du
n Reich Napoleons des Dritten ausgesehen habe. Der in leerer Religiosit?t versteckte krasse Materialismus hatte den unbedenklichsten Gesch?ftssinn gro?gezogen, Mi?achtung des Geistes schlo? ihr natürliches Bündnis mit niederer Genu?gier. Der Nerv der ?ffentlichkeit war Reklamesucht, und jeden Augenblick schlug sie um in Verfolgungssucht. Im ?u?ern nur auf das Prestige gestellt, im Innern nur auf die Polizei, ohne andern Glaub
sch zum Verstummen, denn er rief, gleichfalls donnernd: ?Unser alter Alliierter bezeugt es! Wir sind nicht so! Wir sind ernst, treu und wahr! Deutsch sein, hei?t eine Sache um ihrer selbst willen tun! Wer von uns h?tte je aus seiner Gesinnung ein Gesch?ft gemacht? Wo gar w?ren die bestechlichen Beamten? Biederkeit des Mannes eint hier sich weiblicher Reine, denn das Weibliche zieht uns hinan, nicht ist es uns Werkzeug unedlen Vergnügens. Das strahlende Bild echt deutschen Wesens aber erhebt si
ien, durch Diederichs immer gewaltigere Stimme; dagegen f
losen Feinde der g?ttlichen Weltordnung aber, die unsere staatliche Ordnung untergraben wollen, die sind auszurotten bis auf den letzten Stumpf, damit, wenn wir [pg 505]dereinst zum himmlischen Appell berufen werden, da? dann
die Ziviltribüne, um durch Unruhe zu bekunden, da? sie seine Rede für beendet halte; denn das Gewitter stand jetzt genau über den K?pfen der Festversam
en Sch?pfer, der schon wartete, durch eine Anrede auszuzeichnen hatten. Jeder begriff es, da? der hohe Herr zweifelnd den Blick zum Himmel richtete; aber, wie nicht anders zu erwarten stand, siegte sein Pflichtgefühl, und siegte um so gl?nzender, als er der einzige Herr im Frack war unter so vielen tapferen Milit?rs. Er wagte sich kühn hinaus, hin ging er unter den gro?en langsamen Tropfen, und mit ihm Ulanen, Kürassiere, Husaren und Train ... Schon war die Inschrift ?Wilhelm der Gro?e" zur Kenntnis genommen worden, der Sch?pfer, durch eine Anrede ausgezeichnet, bekam seinen Orden, und gerade sollte auch der geistige Sch?pfer He?ling vorgestellt und geschmückt werden, da platzte der Himmel. Er platzte ganz und auf einmal, mit einer Heftigkeit, die einem lange verhaltenen Ausbruch glich. Bevor noch die Herren sich umgedreht hatten, standen sie im Wasser bis an die Kn?chel, Seiner Exzellenz lief es aus ?rmeln und Hosen. Die Tribünen verschwanden hinter Stürzen Wassers, wie auf fern wogendem Meer erkannte man, da? die Zeltd?cher sich gesenkt hatten unter der Wucht des Wolkenbruches, in ihren nassen Umschlingungen w?lzten links und rechts sich schreiende Massen. Die Herren Offiziere machten gegen die Elemente von der blanken Waffe Gebrauch, durch Schnitte in das Seg
lankweg übereinander rollten. Nur ihrer Tapferkeit vertrauend, machten die Herren Offiziere gegen jeden, der sich ihnen entgegenstellte, von ihren Machtmitteln Gebrauch – indes Fahnentücher, losgerissen im Sturm von den überresten der Tribünen und des offiziellen Zeltes, schwarzwei?rot durch die Luft sausten, den K?mpfern um die Ohren. Dazu, hoffnungslos wie die Dinge standen, spielte die Regimentsmusik immer weiter Heil dir im Siegerkranz, spielte selbst nach der Durchbrechung des Milit?rkordons und der Weltordnung, spielte wie auf einem untergehenden Schiff dem Entsetzen auf und der Aufl?sung. Ein neuer Anlauf des Orkans warf auch sie auseinander – und Diederich, die Augen zugedrückt und schwindelnd des Endes von allem gew?rtig, taucht
mettert und weggeschwommen. Der Festplatz freilich sah aus wie eine wüste Erinnerung, keine Seele belebte seine Trümmer. Doch, da hinten bewegte sich eine, sie trug sogar Ulanenuniform: Herr von Quitzin, der das eingestürzte Haus besichtigte. Dem Blitz erlegen, rauchte es hinter den Resten seiner gro?en schwarzen Brandmauer; und in der Flucht aller hatte nur Herr von Quitzin standgehalten,
Wind ab, ihm ward es w?rmer. ?Von einem Katarrh ist nicht die Rede. Guste soll mir aber doch einen Wickel um den Bauch machen. Wenn sie nur gef?lligst keine Influenza ins Haus einschleppt!" Nach dieser Sorge erinnerte er sich seines Ordens: ?Der Wilhelms-Orden, Stiftung Seiner Majest?t, wird nur verliehen für hervorragende Verdienste um die Wohlfahrt un
ward Diederich von einem Schauer angerührt, er blieb stehen, bereit, den Rückzug anzutreten. ?Dabei habe ich nichts zu tun ... Doch! Dabei habe ich zu tun, denn hier ist jedes Stück mein, ich habe die Pflicht, dafür zu sorgen, da? sie mir nachher nichts forttragen." Aber nicht nur dies dr?ngte ihn vorw?rts; Schwierigeres und Tieferes kündigte sich an mit Schnaufen und Bauchklemmen. Gehaltenen Schrittes erstieg er die flachen alten Stufen u
e: dem Bett zun?chst Judith Lauer ganz starr, dann Wolfgang mit einem Gesicht, das niemand erwartet h?tte; zwischen den Fenstern die zusammengedr?ngte Herde der fünf T?chter neben dem bankerotten Vater, der nicht einmal mehr elegant war; weiterhin der verbauerte Sohn mit seiner stumpfblickenden Frau, und endlich Lauer, der gesessen hatte. Mit gutem Grund hielten alle sich so still; zu dieser Stunde verloren sie die letzte Aussicht,
Arbeiterinnenh?nde. Diederich, in ent[pg 512]schlossener Haltung, stellte sich mitten vor die Tür. Es war dunkel im Gang, die da sahen nicht, und mochten sie; aber der Alte? Sein Gesicht war genau hierhergerichtet, und wo es hinsah, ahnte man dennoch mehr als hier war, Erscheinungen, die niemand ihm verstellen konnte. Ihren Widerschein in s
te Sch?rpe, streckte die Orden vor, und für alle F?lle blitzte er. Der Alte lie? auf einmal den Kopf fallen, tief vornüber fiel er ganz, wie gebrochen. Die Seinen schrien auf. Vom
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gesetzt sind in ihr einzelne W?rter aus fremden Sprache
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